Arbeitsprobe

Eine Stunde ZEIT mit Cem Özdemir, 8. Juni 2024
Begrüßung Dr. Rainer Esser

Texterin: Ebba Schröder

Auftraggeber: ZEIT Verlagsgruppe

Zeitpunkt der Erstellung: Juni 2024

** Es gilt das gesprochene Wort **

Sehr verehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie herzlich zur Langen Nacht der ZEIT. Wir machen diese Veranstaltung seit zehn Jahren und inzwischen ist sie so erfolgreich, dass die sogenannte „Lange Nacht“ bereits um 15 Uhr beginnen muss, damit wir all die tollen Gäste im Programm unterkriegen.

Ich freue mich, dass Sie sich für diesen nachmittäglichen Programmpunkt entschieden haben – und für diesen Gast, der in meinen Augen ein ganz Besonderer ist. Er ist ein Mann, dem der politische Erfolg nicht gerade in die Wiege gelegt wurde. Als er 1965 als Sohn türkischer Gastarbeiter das Licht der Welt erblickt, kann noch niemand ahnen, welch steile Karriere vor ihm liegt, welche wichtigen politischen Ämter und Auszeichnungen auf ihn warten. Ein kleiner Auszug: 2014, Botschafter des Bieres. 2017, Botschafter des deutschen Brotes. 2019 wird er mit der „Schärfsten Klinge“, einem Ehrenpreis der Stadt Solingen, ausgezeichnet. Nicht zu vergessen der „Orden wider den tierischen Ernst“, den er 2013 – als erster Grüner – vom Aachener Karnevalsverein verliehen bekommt.

Jetzt denken Sie vielleicht: Moment mal, warum wird der Mann hier so veralbert? Warum werden hier „random“ irgendwelche Titel „gedroppt“ (so würde mein Sohn das glaube ich formulieren)? Wieso werden seine echten Leistungen im harten Politikgeschäft nicht gewürdigt? Nun ja. Erstens: Als treue ZEIT-Leserinnen und Leser wissen Sie das doch sowieso schon alles. Und zweitens glaube ich, dass wir anhand der „random“ ausgewählten Würdigungen einiges über unseren Gast lernen können. Zum Beispiel, dass er einer jener Grünenpolitiker ist, die über alle politischen Lager hinweg respektiert werden. Alle finden ihn irgendwie gut – die Solinger Messermacher loben seine geschliffene Rhetorik, die Karnevalisten seinen feinsinnigen Humor. Die Bierbrauer freuen sich über sein Engagement für kleine und mittlere Betriebe, und die Brotbäcker, ja, die geraten vollends ins Schwärmen: „Wie die deutsche Brotkultur steht er für Vielfältigkeit und Bodenständigkeit, engagiert sich für einen starken Mittelstand, für Tradition und Integration.“ Dass der Mann ein bekennender Brezel-Liebhaber ist, wird auch den letzten Bäckermeister überzeugt haben. 

Seine Beliebtheit hat im Übrigen nichts damit zu tun, dass er den Leuten nach dem Mund reden würde. Im Gegenteil, wenn er an etwas glaubt, steht er dafür ein, auch gegen Widerstände. Als er in der ersten Klasse sitzen bleiben soll, überzeugt er seine Lehrer, dass das nicht geht. Als seine Eltern sich über seinen ersten Berufswunsch empören – „Ein Erzieher? Als Mann?“ – zieht er die Ausbildung trotzdem durch. Später im Bundestag: Die Armenien-Resolution, in der erstmals von Genozid die Rede ist, treibt er voran, obwohl er von türkischen Nationalisten angefeindet und bedroht wird. Und dann auch noch Jürgen Trittin: Als grüner Oberrealo hat sich unser Gast nicht nur einmal mit seinem linken Parteirivalen angelegt. Dass er auch vor Konflikten mit dem eigenen Koalitionspartner nicht zurückschreckt, versteht sich von selbst. „Eine Koalition ist keine Liebesbeziehung“, erklärte er kürzlich in einem Interview. Wobei man das in Zeiten der Ampel wohl niemandem mehr erklären muss.

Liebe Gäste, man hat mir gesagt, ich solle mich kurzfassen. So bleibt mir nur ein letzter Hinweis: Der Mann ist Schwabe… Aber keine Angst: Ich habe gelesen, dass der „Minischder“ immer stärker schwäbelt, je weiter er in den Süden des Landes reist. Wenn im Umkehrschluss gilt, dass er Richtung Norden immer weniger schwäbelt, ist das für uns hier in Hamburg, denke ich, eine gute Nachricht. Ich darf nun meine wunderbaren Kollegen Mariam Lau und Roman Pletter auf die Bühne bitten und wünsche Ihnen allen eine unterhaltsame Stunde mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Herzlich willkommen!

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